Geschichte

Von Konrad Ruh


Rückblick auf 75 Jahre Tisch-Tennis-Sport im Münstertal

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Aller Anfang ist schwer

Es gibt wenige Gemeinden im südbadischen Raum, in denen früher Tischtennis gespielt wurde als im Münstertal.
Bereits neun Jahre nach der von neun Nationen  -darunter auch Deutschland- im Jahre 1926 gegründeten „Internationalen Tisch-Tennis-Föderation“ (ITTF) führten Hermann Meyer vom Ortsteil Wasen und Anton Klein vom Neuhäuser den Tischtennis-Sport im Münstertal ein.

Wie kam es dazu?

Beide besuchten im Jahre 1936 die Handelsschule Schwarz in Freiburg. Hier wurde Tischtennis schon seit einigen Jahren während, vor und nach dem Unterricht gespielt. Hermann Meyer und Anton Klein waren von dieser, auch für sie neuen Sportart so begeistert, dass sie zusammen mit Walter Klein und Otto Büchle diesen Sport auch im Münstertal auszuüben gedachten.

Auf Initiative von Hermann Meyer gründeten diese vier Jungen den TTC Münstertal, wie sie ihren Verein damals nannten.

Die Anfangsschwierigkeiten waren groß. Zunächst galt es, das Unverständnis der Bevölkerung gegenüber dieser neuen, vielen noch unbekannten Sportart abzubauen.

Finanzielle Unterstützung konnten diese jungen Sportbegeisterten von keiner Seite erwarten. Die Möglichkeit zu spielen, erhielten die vier jungen Männer zunächst im Saal des Gasthauses „zum Löwen“. Der erste Tisch bestand aus einigen von der benachbarten Firma „Hobel-Geiger“  besorgten und zusammengenagelten Brettern, die sie auf zwei Böcke stellten. Die Kosten hierfür beliefen sich auf 12 Reichsmark.

Immerhin belastete diese Summe den Taschengeld-Etat dieser vier Spieler so stark, dass sie neun Monate brauchten, um diese Anschaffung schuldenfrei zu haben.

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Erste sportliche Begegnungen und Erfolge

Schon bald gesellten sich andere tischtennisbegeisterte Jungen zu diesem Quartett.  Bald bestritt man erste Freundschaftsspiele, zuerst gegen die Schulmannschaft der Handelsschule Schwarz. Man fuhr aber auch schon mit der Eisenbahn zu Sportkameraden nach Lörrach oder mit dem Fahrrad auf den Feldberg. Im dortigen Hotel „Feldberger Hof“ arbeitete ihr Tischtennisfreund

Hugo Ebner. Er organisierte einen Wettkampf zwischen den Münstertälern und der Belegschaft des Hotels.

Es gab in den 1930er-Jahren   noch keine Punkterunden, dafür war der Tischtennissport in der Region noch nicht so verbreitet.  Doch wurden schon Einzelmeisterschaften auf Landesebene ausgetragen. So belegten die beiden Spieler Hermann Meyer und Hugo Ebner bei den Badischen Meisterschaften des Jahres 1943 im Doppel der Klassen B und C jeweils hervorragende zweite Plätze.

Der unheilvolle 2. Weltkrieg machte dem jungen Sport ein jähes Ende. Fast alle jungen Leute, darunter auch alle Tischtennis-Spieler des Münstertals wurden im Laufe der Kriegsjahre zur Wehrmacht einberufen. Nur wenigen war es vergönnt, in ihre Heimat zurückzukehren. Unter den Gefallenen waren auch drei der vier Gründungsmitglieder, die Brüder Anton und Walter Klein sowie Otto Büchle.

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Neubeginn nach 1945

Nach Kriegsende schlossen sich bereits im Jahre 1946 die Sportler des Münstertals in der wieder gegründeten „Sportvereinigung Münstertal“ zusammen. Da noch kein Fußballplatz zur Verfügung stand, spielten die meisten Sportler Tischtennis. Der „Saalbau Matheis“ und der Bürgersaal des Rathauses standen ihnen hierfür zur Verfügung. So ging der ehemals selbstständige „Tischtennis-Club Münstertal“ in der „Sportvereinigung Münstertal“ auf. Hermann Meyer, das einzige noch lebende Gründungsmitglied, übernahm die Leitung der Tischtennis-Abteilung und führte sie aus den Anfängen heraus bis ins Jahr 1950.

Durch die frühe Aufnahme des Trainingsbetriebs zählten die Münstertäler Spieler zu den  Führenden im Bezirk Freiburg, Ein erstes Freundschaftsspiel wurde bereits 1946 gegen den TTC Waldkirch ausgetragen. In dieser Mannschaft spielten: Hugo Ebner, Hans Hermann, Hermann Meyer, Hans Burgert, Erwin Ortlieb, Erhard Ortlieb und Kurt Pfefferle.

Bereits 1947, als die Meisterschaften der französischen  Zone (Südbaden) ausgetragen wurden, knüpften Hermann Meyer und Hugo Ebner an ihre Vorkriegsleistungen an und wurden Südbadische Meister im Doppel der Klasse C.

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Die erste Vizemeisterschaft wird erkämpft

Schon im Jahre 1947/48 kämpften die Münstertäler Tischtennis-Spieler um Punkte und Tabellenplätze. Die erste Saison endete mit der Erringung der Vizemeisterschaft in der Bezirksklasse, der damals zweithöchsten Spielklasse in Baden.

Berufliche und persönliche Veränderungen wichtiger Spieler führten in der Saison 1948/49 zu einem Zurückziehen der Mannschaft von den Punktespielen.

Die Saison 1948/49 brachte nach einem Neuanfang in der Kreisklasse A den direkten Wiederaufstieg in die Bezirksliga.

Im Jahre 1950 löste der aktive Spieler Hubert Mutterer Hermann Meyer in der Leitung der Abteilung ab. Hubert Mutterer führte über 25 Jahre die Abteilung mit sicherer Hand durch alle Höhen und Tiefen.

Immer mehr junge Münstertäler stießen in den Folgejahren zur Tischtennis-Abteilung. Im Jahre 1953 konnten bereits zwei Herren- und eine Jugendmannschaft an den Verbandsspielen teilnehmen.

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Große Probleme im dritten Jahrzehnt

Ausgerechnet das Jahr des 20-jährigen Bestehens (1956) brachte die Tischtennis-Abteilung in große Nöte. Durch berufliche Veränderungen und Wegzug schieden nach und nach viele hoffnungsvolle Spieler aus.

Der Chronist schreibt in diesem Jahr ins Protokollbuch: „Die Tischtennis-Abteilung besteht nur noch aus sechs Mann.“

Unvermeidlich war darauf der Abstieg in die Kreisklasse A. Doch wurde im ersten Anlauf der direkte Aufstieg in die Bezirksliga geschafft. Welche Freude!

Welcher Schmerz allerdings auch, als im Jahre 1962 durch eine völlige Neueinteilung der Spielklassen die I. Mannschaft  trotz eines 6. Tabellenplatzes in der Bezirksliga bei Saisonende in die Kreisklasse A zurückgestuft wurde.

In dieser Spielklasse zählte man ein Jahrzehnt zu den führenden Mannschaften.

Mehrfach wurde nur knapp der Wiederaufstieg verpasst.  Man schmückte sich insgesamt fünf Mal mit dem undankbaren Titel eines Vizemeisters.

Erfolgreich war eine neu gegründete Mädchen-Mannschaft. Dem auf Bezirksebene erfolgreichen Quartett gehörten die Schwestern Beate und Thea Gassenmann und die Schwestern Sigrid und Gudrun Bührer an. Die Geschwister Gassenmann wurden sogar Badische Meisterinnen im Doppel.

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Schlechte Spiel- und Trainingsbedingungen verhindern einen sportlichen Aufschwung

Einen Tiefpunkt brachte dann die Saison 1970/71. Wieder wurden viele aktive Spieler in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Die Zurückgebliebenen schafften trotz größter Anstrengungen den Klassenerhalt nicht. Die Kreisklasse B wurde zur vorübergehenden Heimat.

Es war sicher nicht nur die mangelnde spielerische Stärke der Münstertäler Tischtennis-Spieler, der zum erstmaligen Abstieg in die Kreisklasse B führte. Mitentscheidend waren vor allem die Trainings- und Spielbedingungen in der so genannten „Turnhalle“ beim Gasthaus „Bierhaus“. Sie ließen die Münstertäler Spieler gegenüber den Vereinen, die in dieser Zeit schon in neuen, geräumigen Sporthallen trainieren konnten, einfach nicht mehr konkurrenzfähig bleiben. Diese schlechten äußeren Bedingungen ließen aber auch wenig junge Spieler zur Tischtennis-Abteilung stoßen.

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Neuer Aufschwung durch den Bau der Belchenhalle

Im Jahre 1971 wurde die Belchenhalle eingeweiht. Jetzt hatten die Münstertäler Tischtennis-Sportler zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte optimale Trainingsbedingungen. Die positiven Auswirkungen blieben nicht aus. Nach zwei Jahren Belchenhalle zeigte sich folgendes erfreuliches Bild:

Die I. Mannschaft hatte den Aufstieg in die Kreisklasse A geschafft, eine II. Mannschaft war soeben in die Kreisklasse B aufgestiegen und eine III. Mannschaft zählte zu den Spitzenteams in der Kreisklasse C.

Zwei Jungen- und zwei Mädchenteams nahmen an der Verbandsrunde teil. Die erste Mädchenmannschaft gewann den ersten Meistertitel in der Vereinsgeschichte.

In den 1970er-Jahren nahmen drei Herren- sowie vier Jugend- und Schülermannschaften am Spielbetrieb teil. Wohnortwechsel von Spielern oder auch die Beendigung ihrer Laufbahn stellte die Abteilung in den Folgejahren zwar immer wieder vor harte Bewährungsproben. Doch dank des Idealismus aller Spieler und der Abteilungsleitung konnten alle Krisen immer wieder überwunden werden.

Im Jahre 1975 löste Bernhard Gutmann  -ebenfalls ein bewährter Aktiver- Hubert Mutterer in der Führung der Tischtennis-Spieler ab. Er hatte dieses verantwortungsvolle Amt über 30 Jahre inne. Im Jahre 1981 gelang der Jugendmannschaft mit der Meisterschaft der Aufstieg in die Jungen-Bezirksklasse. Der I. Mannschaft gelang nach mittlerweile zehn Vizemeistertiteln in der Saison 1982/83 der erste Titelgewinn und damit ein  Wiederaufstieg in die Kreisklasse A nach einem vorübergehenden Verweilen in der Klasse B.

Seit den 1980er-Jahren haben sich die sportlichen erfolge stabilisiert. Das sportliche Aushängeschild ist seit weit über einem Jahrzehnt das Damen-Team, das die Meistertitel in der Bezirksliga über ein Jahrzehnt geradezu abonniert zu haben schien und heute erfolgreich in der Landesliga spielt.

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Vom Schwarzwald an den Ostseestrand

Eine besondere Freundschaft entwickelte sich zwischen der Tischtennis-Abteilung Münstertal und dem TTC Selent aus der Holsteinischen Schweiz. Der ersten sportlichen und geselligen Begegnung im Jahre 1966 folgten in regelmäßigen Abständen weitere Fahrten in den hohen Norden und Gegenbesuche der Selenter Freunde im Münstertal. So kann die Freundschaft mit den Selenter Tischtenniskameraden im Jahr des 75-jährigen Bestehens auf 45 Jahre zurückblicken.

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Die Geselligkeit kam nie zu kurz

 Eine Bilanz der ersten fünfzig Jahre Münstertäler Tischtennis-Geschichte wäre unvollständig, würde man den Erfolg nur am rein sportlichen Geschehen messen. Neben den sportlichen Zielen, die natürlich immer im Vordergrund standen, sind das stetige Bemühen um Kameradschaft und Geselligkeit zu nennen. Viele Spieler und Vereine des Bezirks verbinden sportliche Begegnungen mit den Tischtennis-Freunden aus dem Münstertal mit angenehmsten Erinnerungen. Sportlicher Geist beim Spiel, Kameradschaft vor, während und nach den Spielen sind zu einer Visitenkarte der Münstertäler Tischtennis-Abteilung geworden und sind bis heute die Grundlage dafür, dass die Abteilung alle Höhen und Tiefen ohne inneren Schaden überstanden hat.

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Wünsche für die Zukunft

Seit dem Jahre 2006 führt der aktive Spieler Hans-Peter Riesterer die Münstertäler Tischtennis-Abteilung mit großem Engagement. In Daniela Lucht und Jürgen Steible wird er vorzüglich und mit großer Begeisterung unterstützt.

Der Münstertäler Tischtennis-Abteilung ist anlässlich ihres 75-jährigen Bestehens zu wünschen, dass allen Mitgliedern der fast schon legendäre Sportsgeist, die Kameradschaft, wie sie von allen Spielerinnen und Spielern vorbildlicher nicht hätte gelebt werden können, auch in Zukunft erhalten bleibt.

Der Abteilung ist zu wünschen, dass die bisherige Vereinsgeschichte für die heutige Spielergeneration Ansporn und Verpflichtung sein wird. Das 75. Lebensjahr möge kein Einschnitt in der Entwicklung der Tischtennis-Abteilung sein. Dieses Jubiläum möge sie vielmehr weiterbringen -auf sportlichem wie auf kameradschaftlichem Gebiet.

Der Schreiber dieser Zeilen, selbst über zwei Jahrzehnte aktiver Spieler, wünscht seinen Tischtennis-Kameraden, dass es immer wieder Sportler geben wird, die es ermöglichen, dass es weiter aufwärts geht, dass die sportlichen Erfolge nicht ausbleiben und der schöne Tischtennis-Sport auch weiterhin im Münstertal erhalten bleibt.

Dies sollte die Verpflichtung der heutigen Tischtennis-Generation gegenüber den Idealisten und Pionieren der ersten Stunde sein.